1. Liebe Lena, ich freue mich sehr, dass ich dich in unseren Female Founder Stories vorstellen darf! Kannst du dich unseren Leser'innen kurz vorstellen?

Ich bin Lena Kieser, Edelsteinfasserin mit Meistertitel – und ehrlich gesagt: Ich liebe alles, was glitzert! Mein Herz schlägt für luxuriöse Unikate, bei denen Edelsteine nicht einfach nur eingefasst, sondern wirklich ins Rampenlicht gesetzt werden. Besonders Brillanten in Verschnittfassungen haben es mir angetan – da darf’s so richtig funkeln.

Mit viel Präzision, Feingefühl und Leidenschaft fertige ich Einzelstücke, die nicht nur edel, sondern auch emotional sind. Für mich ist Schmuck nicht bloß Accessoire, sondern ein kleines Stück Persönlichkeit. Und natürlich arbeite ich mit Dear Darling zusammen.

2. Wie bist du zum Beruf der Edelsteinfasserin gekommen? War das schon immer dein Traum oder hat sich das mit der Zeit entwickelt?

Eigentlich wollte ich ursprünglich eine Ausbildung als Goldschmiedin machen – einfach, um meiner Kreativität einen handwerklichen Ausdruck zu geben. Doch als ich mich damals bei einer Firma ein Vorstellungsgespräch hatte, hieß es plötzlich: „Leider bilden wir aktuell keine Goldschmiede aus – aber Edelsteinfasser.“

Und ganz ehrlich? Ich hatte keine Ahnung, was das überhaupt ist – und es war mir damals auch ein bisschen peinlich, das zuzugeben. Dann durfte ich einen Blick in die Werkstatt werfen – und da lag er: dieser Feilnagel, übersät mit winzig kleinen Brillanten, die im Licht geglitzert haben wie verrückt. Ich wusste in dem Moment noch nicht, was man da genau macht – aber ich wusste: Das will ich machen! 

Diese Liebe auf den ersten Blick hat sich nie gelegt. Ich habe meine Ausbildung begonnen, bin tiefer und tiefer in die Welt des Fassens eingetaucht – und irgendwann sogar den Meistertitel gemacht. Mein Meisterstück – eine Schildkröte aus Gelbgold mit Brillanten und speziell in Auftrag geschliffenen Peridots – steckt voller Geschichte, Herzblut und Erinnerungen. Und es erinnert mich immer wieder daran, wie aus einem kleinen „Zufall“ eine große Leidenschaft wurde.

3. Was fasziniert dich am meisten an der Arbeit mit Edelsteinen?

Edelsteine haben für mich etwas Magisches. Jeder bringt seine eigene Energie, Farbe und Persönlichkeit mit – aber ganz besonders haben es mir Brillanten angetan. Dieses Funkeln, dieses lebendige Glitzern in all seinen Facetten… ich kann mich darin verlieren. 

Wenn ich an meinem Werktisch sitze und Brillanten einsetze, wird die Welt um mich herum ganz still. Es ist fast wie eine Meditation – ich bin ganz im Moment, ganz bei der Arbeit, jeder Handgriff wird achtsam und bewusst. Es fasziniert mich, wie viel Präzision und Gefühl nötig ist, um jeden Stein genau so zu platzieren, dass er sicher sitzt und trotzdem wie schwerelos wirkt. Und wenn ich dann das fertige Stück betrachte, wie es im Licht erstrahlt – dann weiß ich: genau dafür mache ich das.

Lisa Zaiser und Lena Kieser

Lena Kieser & Lisa Zaiser (Gründerin DEAR DARLING BERLIN)

4. Welche Arbeitsschritte sind nötig, um ein Schmuckstück zu fassen?

Tatsächlich ist jeder Auftrag anders – je nach Stein, Fassung, Material oder gewünschter Optik. Aber es gibt bestimmte Schritte, die fast immer dazugehören.

Am Anfang steht die Vorbereitung: Ich prüfe das Schmuckstück und messe die Steine ganz exakt aus. Dabei kontrolliere ich auch jeden einzelnen Stein auf Qualität – also ob er Einschlüsse hat, kleine Macken oder Besonderheiten. Gerade bei empfindlichen oder bereits leicht beschädigten Steinen ist besondere Vorsicht gefragt, damit beim Fassen nichts passiert.

Danach bereite ich das Sitzbett für den Stein vor – mit Fräsern, Bohrern oder speziellen Gravuren, je nach Fassungstechnik. Dann kommt mein Lieblingsmoment: das Einsetzen und Fixieren des Steins – oft mit dem sogenannten Verschnitt, bei dem kleine Körner über den Stein getrieben werden. Wenn ein Brillant dann fest sitzt und im Licht aufleuchtet… das ist für mich jedes Mal ein kleines Highlight.

Anschließend wird das Schmuckstück gereinigt, verfeinert, poliert – und bekommt so seinen letzten Schliff. Besonders schön finde ich es, wenn ich mehrere kleine Brillanten so präzise einsetze, dass sie wie eins mit dem Schmuckstück wirken – als wären sie schon immer genau dort gewesen.

5. Gibt es Materialien oder Fassarten, mit denen du besonders gerne arbeitest?

Ich liebe klassische Edelmetalle wie Gelbgold – es hat für mich etwas Warmes, Edles und Zeitloses. Und wenn sich darin dann Brillanten spiegeln, entsteht ein wunderschöner Kontrast zwischen dem strahlenden Weiß und dem goldenen Glanz. Besonders gerne arbeite ich mit der Verschnittfassung – und noch mehr mit Mikroverschnitt oder Mikropavé. Diese Fassarten erfordern absolute Präzision, Fingerspitzengefühl und einen geübten Blick fürs Detail. Es fasziniert mich, wie selbst die kleinsten Brillanten so gefasst werden können, dass sie wie ein durchgehendes Glitzerband wirken – dicht an dicht, sicher eingefasst und gleichzeitig fast schwerelos.

Was ich dagegen nicht so gerne mag, ist Tantal (ein Edelmetall wie Gold oder Platin). Es ist unglaublich hart, beim Fassen wirklich anstrengend – und es hat für mich einfach keinen Glanz, keine Lebendigkeit. Ich weiß, manche lieben es genau dafür – aber für mich fühlt es sich… tot an. Da fehlt mir das Funkeln, das ich so sehr liebe.

lena kieser edelsteinfasserin

6. Dein Beruf als Edelsteinfasserin ist eher selten – was macht ihn so besonders und vielleicht auch herausfordernd?

Für mich ist das Besondere am Edelsteinfassen die Kombination aus handwerklicher Präzision, absoluter Konzentration und dieser ganz eigenen, stillen Schönheit, die beim Arbeiten entsteht. Ich arbeite mit verschiedensten Edelsteinen – jeder bringt seine eigene Herausforderung und Faszination mit sich. Aber besonders Brillanten haben es mir angetan: Ihr Glitzern, ihr Feuer, ihre Strahlkraft – ich liebe es, sie so einzufassen, dass sie perfekt zur Geltung kommen.

Gleichzeitig ist das Fassen ein Beruf, in dem Fehler keinen Platz haben. Ein falscher Schlag, zu viel Druck oder ein unruhiger Moment – und ein wertvoller Stein kann beschädigt sein. Es braucht technisches Können, ein ruhiges Händchen und ganz viel Geduld. Herausfordernd ist auch die körperliche Seite: das lange Sitzen, die Arbeit unter dem Mikroskop, die ständige Konzentration. Der Beruf selbst ist heute leider sehr selten geworden – einfach, weil kaum noch jemand bereit ist, eine 3,5-jährige Ausbildung dafür zu machen. Stattdessen nehmen viele lieber ein paar Wochenendkurse oder Seminare und glauben, das reicht. Natürlich kann man dabei etwas lernen – aber echtes Können, tiefes Materialverständnis und die nötige Sicherheit beim Fassen entwickelt man nur mit Zeit, Übung und Erfahrung.

Ich finde es schade, dass diese handwerkliche Tiefe oft unterschätzt wird – dabei steckt in jedem gefassten Stein so viel Verantwortung und Liebe zum Detail.

7. Welche Fähigkeiten oder Eigenschaften sollte eine gute Edelsteinfasserin unbedingt mitbringen?

In erster Linie braucht es Geduld – sehr viel Geduld. Viele Arbeitsschritte wiederholen sich, bis sie wirklich sitzen. Man muss bereit sein, stetig zu üben, zu scheitern und daraus zu lernen. Dazu kommen handwerkliches Geschick, technisches Verständnis und ein feines Gespür für das Material. Das Arbeiten unter dem Mikroskop erfordert absolute Konzentration, ein ruhiges Händchen und gute Augen – oft über viele Stunden hinweg.

Wer Edelsteine und vor allem Brillanten fassen möchte, braucht ein echtes Gefühl für das Detail. Jeder Stein ist anders, jeder verlangt Respekt, Fingerspitzengefühl und volle Aufmerksamkeit. Doch all das – die Sicherheit in der Technik, der richtige Druck, das Vertrauen in die eigenen Bewegungen – entwickelt sich erst mit jahrelanger Erfahrung. Es ist ein Weg, der Zeit braucht. Und vor allem: die Liebe zum Handwerk. Denn nur, wenn man mit Hingabe arbeitet, kann das Schmuckstück mit den Steinen wirklich zum Strahlen bringen.

8. Wie sah dein Weg in die Selbstständigkeit aus? Was waren deine ersten Schritte?

Eigentlich war alles bereit: Ich hatte eine großartige Unternehmensberatung an meiner Seite, die Pläne standen, und der Start in die Selbstständigkeit war für Juli 2023 festgelegt. Doch dann kam alles anders.

Ende April 2023 wurde bei mir Brustkrebs diagnostiziert. Diese Diagnose hat mein Leben schlagartig verändert – und natürlich auch meine Pläne. Ich habe mich zunächst entschieden, in der Nebenselbstständigkeit weiterzuarbeiten, um Raum für die Behandlung und Heilung zu haben.

Mitten in der Chemotherapie habe ich aber gespürt: Meine Liebe zum Beruf, mein Wunsch, eigenständig zu arbeiten, und meine Leidenschaft für das Edelsteinfassen sind zu stark, um sie aufzuschieben. Also habe ich mich im September 2023 – trotz aller Umstände – offiziell selbstständig gemacht.

Dieser Schritt war alles andere als leicht. Aber er war genau richtig. Denn mein Handwerk hat mir in dieser Zeit Kraft gegeben, Fokus geschenkt und gezeigt, wofür mein Herz wirklich schlägt. Ich bin heute sehr stolz darauf, diesen Weg gegangen zu sein – mit all seinen Hürden, Zweifeln und dem tiefen Vertrauen in mich selbst.

__________

MEHR ERFAHREN

Du möchtest mehr über Lena und ihre großartige Arbeit als Edelsteinfasserin erfahren Hier kannst du dich inspirieren lassen: @die_fasserin

×